Man, das war echt eine schwere Geburt. Obwohl ich schon lange Menschen begleite, habe ich die Preise und Angebote (außer Massagen) nicht öffentlich gemacht. Warum? Nun ja, ich hatte immer plausible und für mich sehr logische Gründe. Doch erst vor kurzem wurde mir bewusst, woran es wirklich gelegen hat. Es hat mit der Erfahrung in meiner Kindheit zu tun. Wer hätte das gedacht?
Als ich 6, 7, 8, 9 Jahre alt war lebte ich allein mit meinem Vater in Berlin in einer 2-Raumwohnung. Meine Eltern waren getrennt und ich lebte bei ihm. Er musste täglich weit mit der S-Bahn zur Arbeit fahren und wieder zurück. Ich war ein sogenanntes Schlüsselkind. Das war damals nicht selten.
Mit der Zeit kam mein Papa immer später nach Hause, so dass ich immer öfter allein ins Bett gehen und allein aufstehen musste. Ich kann mich nicht sehr gut an diese Zeit erinnern.
Doch weiß ich heute, dass dieses Alleinsein teilweise fast nicht auszuhalten war für mich. Ich wünschte mir alles, was sich ein Kind in diesem Alter so wünscht. Ich brauchte Unterstützung in der Schule. Ich wollte reden. Ich wollte anerkannt werden für meine Entdeckungen und Erfahrungen. Ich brauchte Grenzen und Routinen. Ich brauchte Schutz und Geborgenheit und Liebe. Stattdessen lagen morgens 5 oder 10 Mark im Flur auf der Kommode und ich musste mich in jeder Hinsicht selbst versorgen.
Ich habe auch einiges unternommen, um zu bekommen, um gesehen und anerkannt zu werden. Ich habe absichtlich meinen Schlüssel vergessen und musste nachts von den Nachbarn abgeholt werden. Ich habe Geschenke für ihn gekauft. Ich habe mir in der Schule sehr viel Mühe gegeben. Ich habe getobt und rebelliert. Ich war frech. Ich war lieb und brav. Ich war ruhig und still. Ich habe stundenlang allein gewartet. Ich habe wirklich alles versucht. Doch nichts hat geholfen. Ich war allein. Es war als hätte ich gar keinen Einfluss. Als wäre ich nicht da. Das Gefühl war schließlich unerträglich. Aus Selbstschutz entschied sich meine Psyche dafür, stark zu sein. Sie spaltete die Verzweiflung und die Hilflosigkeit und alles Brauchen und Wünschen von mir ab.
Ich brauche niemanden! Das war jetzt das Motto. Ich schaffe alles allein!
Was hat das nun mit meiner heutigen Situation zu tun?
Meine inneren Wächter haben damals den Auftrag bekommen: Das darf nie wieder passieren!
Wenn ich heute ein Angebot mache, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass viele es ablehnen werden. Klar! Das muss ja so sein. Aber die Wächter sind gar nicht einverstanden damit, denn das ist ja mit der unaushaltbaren Situation von damals verknüpft. Sie haben immer noch den Auftrag mich vor allem zu schützen, was auch nur ansatzweise in die Nähe der Möglichkeit kommt, wieder zurückgewiesen zu werden. Das darf nie wieder passieren! Das muss um jeden Preis verhindert werden!
Das Unterbewusstsein kennt keine Zeit. Da dieser Kind-Anteil von damals aus Schutzgründen abgespalten wurde, befindet es sich sozusagen immer noch in der Situation von damals. Es ist dort gefangen. Und die Wächter sorgen dafür, dass es so bleibt. Sie sind sehr wachsam und schwer zu identifizieren. Sie haben mir alle möglichen logischen Erklärungen geliefert, warum ich das nicht tun sollte. Sie machen ihren Job wirklich gut. Nur brauche ich das heute nicht mehr. Und ich wusste, es war wieder Zeit das Kind zu besuchen und die Gefühle zu fühlen. Wie geht das?
Ich habe inzwischen einiges an Übung und kenne die Methoden da allein hinzukommen.
Erst als ich wieder den Kontakt zu ihr und vor allem zum Gefühl hatte und es halten konnte, konnte ich meine Angebote veröffentlichen.
Ich bin immer wieder fasziniert, wie Verdrängung in unserer Psyche funktioniert. Dem Verstand kann man wirklich nichts glauben. Nur allein das Gefühl ist ein guter Wegweiser.
Danke fürs Lesen.
PS: Papa, wenn du das liest, ich hab dich lieb. Es ist alles gut. Deine Janine
Danke! Das muss ich erstmal sacken lassen, aber meine Erlebnisse sind ganz ähnlich. Und ich "befürchte", dass ich mich auch auf die Reise zur kleinen Katrin aufmachen muss, um zu mir zu finden.